Wie ein dorf mit der kamera dokumentiert wurde

Spreitenbach im Fokus

historische fotokunst

Fenster in die Vergangenheit

Es sind Bilder, die tiefgründige Geschichten erzählen. Zeugnisse von eindrücklicher Authentizität: historische Fotografien. Es sind Zeitzeugen, die uns Einblicke in längst vergangene Epochen und Ereignisse gewähren. Sie sind Fenster in die Geschichte, die es uns ermöglichen, die Welt von damals aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Ob Portraits berühmter Persönlichkeiten oder von einfachen Menschen und Aufnahmen historischer Bauwerke aus vergangenen Zeiten – jede Fotografie ist ein kulturelles Erbe, das es zu bewahren gilt.

Herzlich willkommen in der faszinierenden Welt der historischen Fotografie. In einer Zeit, als das Festhalten eines Moments noch eine wahre Kunst war!

Das Ortsmuseum Spreitenbach lädt Sie ein zu einer Zeitreise zurück ins späte 19. Jahrhundert und die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts, als die Fotografie eine revolutionäre Technologie war und die Welt in Schwarz-Weiss eroberte. 

 

Meister ihres Fachs​

Das Handwerk hinter dem Bild

​Vergessen Sie digitale Sofortbilder und Smartphones. Im 19. Jahrhundert war ein Foto das Ergebnis eines langen und sorgfältigen Prozesses. Betrachten Sie die historischen Kameras in unserer Sammlung. Sie waren technische Meisterwerke ihrer Zeit, die meist auf einem Stativ stabilisiert werden mussten, um lange Belichtungszeiten zu ermöglichen.

​Der Fotograf, ein wahrer Meister seines Fachs, bereitete jede Aufnahme akribisch vor. Denn bevor der Film in der Fotografie zum Standard wurde, verwendeten Fotografen Glasplatten, um ihre Bilder aufzunehmen. Dieser Prozess war sowohl eine Kunst als auch eine Wissenschaft und erforderte sorgfältige Vorbereitung und präzise Ausführung. Die Glasplatten wurden mit einer lichtempfindlichen Emulsion präpariert, in einen speziellen Halter gelegt und in die Kamera eingesetzt. Und dann hiess es für die abzubildende Person oder Personengruppe: «Bitte stillhalten!»

Das Filmmaterial war noch nicht hoch empfindlich. Damit ausreichend Licht auf den Film fiel, musste lange belichtet werden. Oft mehrere Sekunden oder gar Minuten. Es erforderte viel Geduld, ein klares, unverwackeltes Bild zu erhalten. Bewegungen waren tunlichst zu vermeiden. Deshalb wirken die Fotos der frühen Fotopioniere gestellt und statisch. Was ihre Ausdruckskraft indes in keiner Weise mindert. Im Gegenteil: Oft haben historische Fotos aufgrund der damaligen technischen Verfahren und der künstlerischen Gestaltung einen besonderen ästhetischen Reiz.

Nach der Belichtung wurde die Glasplatte in eine Entwicklerlösung getaucht, das Foto danach in einem Fixierbad stabilisiert. Das Ergebnis war ein Negativ auf Glas. Um positive Abzüge zu erhalten, wurde das Negativ auf lichtempfindliches Papier gelegt und erneut belichtet, woraufhin das Papier entwickelt, fixiert und gewaschen wurde.

 

Gesichter der geschichte

Momente für die Ewigkeit

​Die Fotos, die Sie hier sehen, sind mehr als nur Bilder. Sie sind das greifbare Ergebnis dieses aufwendigen Handwerks und erzählen Geschichten von längst vergangenen Zeiten – von Gesichtern, die uns neugierig anblicken, von Strassenzügen, die sich seither stark verändert haben, und von Alltagsgegenständen, die uns heute exotisch erscheinen. Jedes dieser Bilder ist ein kostbares Zeugnis der Vergangenheit, das dank der Pionierarbeit dieser frühen Fotografen erhalten geblieben ist. Ein Moment, festgehalten für die Ewigkeit.

​Tauchen Sie ein in diese vergangene Epochen und lassen Sie sich von der Magie der Schwarz-Weiss-Bilder und den bisweilen eigenwillig anmutenden Kameramodellen verzaubern, die sie erschaffen haben.

 

"Gleisbau bei Killwangen-Spreitenbach". Restauriertes Foto aus dem Nachlass von Kurt Wassmer. Sammlung des Ortsmuseums Spreitenbach.

Historische Fotos ermöglichen es, das Leben und die Kultur vergangener Zeiten authentisch zu erleben, anstatt sie sich vorzustellen.

 

"Familie Bär, Bäcker. Vater Edwin und Mutter, ca. 1928". Ein restauriertes Foto aus dem Nachlass von Kurt Wassmer. Sammlung des Ortsmuseums Spreitenbach.  

 

Rettende Digitalisierung 

Momente, festgehalten für die Ewigkeit, trifft es leider nicht ganz. Der Zahn der Zeit nagt an den Negativen und der ausbelichteten Fotos. Sie verblassen, sind zerkratzt von Schimmel befallen und vergilben. Umso wichtiger ist es, historische Fotografien zu bewahren und zu schützen, damit sie auch zukünftigen Generationen erhalten bleiben. Mithin eine wichtige Aufgabe des Ortsmuseums Spreitenbach.

Durch Digitalisierung, sorgfältige Restaurierung und Archivierung können wir sicherstellen, dass diese wertvollen Zeugnisse unserer Geschichte nicht verloren gehen. Denn jedes Bild erzählt eine Geschichte – lassen Sie uns diese gemeinsam bewahren.

Text: H.R.

 

"Beim Eisweiher",1907. Ein restauriertes, auf Glas belichtetes Foto aus der Sammlung des Ortsmuseums Spreitenbach. Urheber unbekannt.

Bei Richard Wiederkehr, Kirchstrasse 15/17, ca. 1910: Otto Gsell, Lehrer, Martha Fricker, Lehrerin, Karl Näf, Lehrer, Gsell, Karl Näf Jr., Maria Näf  (Restauriertes Foto aus dem Nachlass K. Wassmer)Sammlung Ortsmuseums Spreitenbach. Urheber unbekannt.

C.P.Goerz Taro-Tenax 9x12 aus dem Jahre 1914. Eine Laufbodenkamera, d.h. die Front wird aufgeklappt vorauf sich das Objektiv auf Schienen über den Laufboden nach vorne schiebt, bis es einrastet. Als Aufnahmemedium dienten Glasplatten, die mit einer lichtempfindlichen Schicht überzogen waren. Die sog. Gelatine-Trockenplatten hatten die Kollodium-Nassplatten abgelöst, die in feuchtem Zustand belichtet werden mussten. Eine der ältesten Kameras in der Sammlung des Ortsmuseums Spreitenbach. Foto: H.R. 

AGFA Isochrom Glasplatten, 9x12cm. Schwarz-Weiss, orthochromatisch. Orthochromatische Platten konnten bei rotem Licht entwickelt werden. Rechts ein belichtetes und entwickeltes Glas-Negativ. Aus der Sammlung des Ortsmuseums Spreitenbach. Foto: H.R. 

Digitalisiertes Glas-Negativ. Eine Gelatine-Trockenplatte, wie sie anfangs der 1870er Jahre erfunden und stetig weiter entwickelt wurden, bis sie um ca. 1930 auf alle Wellenlängen des Lichts gleich reagierten und ein "natürliches" Graustufenbild als Endprodukt ermöglichten. ,Das Motiv zeigt die Bühne mit Kulissenbauten im Gasthaus Sternen. Artefakt aus der Sammlung des Ortsmuseums Spreitenbach.

"Brunnen auf dem Heitersberg (Albert Lips, Walter Lienberger, Ernst Lips, Albert Lienberger und Jean Lips, die sitzende Person in der Mitte, ist nicht bekannt)". Restauriertes Foto aus dem Nachlass von Kurt Wassmer. Sammlung des Ortsmuseums Spreitenbach. 

Belichtungsmesser in Uhrenform, Bertram Chronos, aus dem Jahr 1950. Ein unverzichtbares Instrument für die Ermittlung der richtigen Belichtungseinstellungen. Ein historisches Gerät aus der Sammlung des Ortsmuseums Spreitenbach. Foto: H.R. 

AGFA Record II Prontor SV, eine vergleichsweise schon moderne Rollfilm-Kamera aus der Nachkriegszeit. Mittelformat, 6x9cm. Eine historische Kamera aus der Sammlung des Ortsmuseums Spreitenbach. Foto: H.R. 

Belichtungstabellen und aktribisch geführte Aufzeichnungen über die Belichtungseinstellungen bei verschiedenen Lichtsituationen waren während der Pionierzeit der Fotografie unverzichtbare Voraussetzungen für gut belichtete Fotos. Gegenstände aus der Sammlung des Ortsmuseums. Foto: H.R.

Der Wunsch nach Farbe war freilich auch im frühen Zeitalter der Fotografie gross. Deshalb wurden die Farben oft manuell auf ein Schwarz-Weiss-Foto aufgetragen. Schützenverein Spreitenbach, Urheber des Fotos unbekannt. Archiv des Ortsmuseums.